Supraleitung


Mein Forschungsschwerpunkt im Rahmen meiner Promotion umfasste die Synthese und Untersuchung ganz bestimmter Festkörperverbindungen. Diese Verbindungen sind alle durch einen schichtartigen Aufbau gekennzeichnet und sie besitzen sehr interessante magnetische und elektronische Eigenschaften – darunter Supraleitung mit zum Teil hohen Sprungtemperaturen.

Ba0.6K0.4Fe2As2
Seit der Entdeckung der Hochtemperatursupraleitung in Cupraten im Jahre 1986 wurde fieberhaft nach weiteren Materialien gesucht, die den elektrischen Strom bei möglichst hohen Temperaturen verlustfrei leiten können. Es sollte 22 Jahre dauern, bis schließlich im März 2008 eine neue Verbindung mit diesen Eigenschaften in der japanischen Forschungsgruppe von Hideo Hosono entdeckt wurde. Dabei handelt es sich um ein vergleichsweise einfach aufgebautes Material. Dieses dotierte Eisenarsenid (LaFeAsO1-xFx), welches bei Raumtemperatur ein schlechter elektrischer Leiter ist, verliert seinen Widerstand unterhalb von 26 K (-247.15 °C) und kann dann Strom komplett verlustfrei leiten. Diese Entdeckung hatte sofort immenses Aufsehen in der internationalen Forschungsgemeinde erregt und innerhalb weniger Wochen konnte diese Temperatur, die sogenannte Sprungtemperatur, auf 55 K gesteigert werden. Außer in den Cupraten wurde noch bei keiner anderen Verbindung eine derart hohe Temperatur erreicht, daher spricht man bei den Eisenarseniden von einer neuen Klasse von Hochtemperatursupraleitern. Im Bild rechts ist ein Strukturausschnitt einer weiteren supraleitenden Verbindung, Ba0.6K0.4Fe2As2, abgebildet. Sie wurde in dieser Form erstmals in meiner Arbeitsgruppe an der LMU München im Mai 2008 von Marianne Rotter synthetisiert und von mir charakterisiert. Im Bild sind Barium bzw. Kalium purpur, Eisen orange und Arsen violett dargestellt. Die Struktur ist noch etwas einfacher aufgebaut als die von LaFeAsO1-xFx. Gemeinsam sind jedoch beiden Verbindungen unendlich ausgedehnte Schichten aus kantenvernüpften Eisenarsenid-Tetraedern. Besonders interessant macht diese Verbindung nicht nur ihre relativ hohe Sprungtemperatur von 38 K, sie lässt sich auch einfach synthetisieren und es lassen sich sehr große Einkristalle von dieser Verbindung züchten. Dies könnte speziell für die Aufklärung des bis heute nicht vollständig verstandenen Mechanismus der Hochtemperatursupraleitung von Bedeutung sein. Zudem besitzt die Substanz eine äußerst hohe sogenannte obere kritische Feldstärke (die Magnetfeldstärke bei der die Supraleitung zusammenbricht) von mehr als 75 Tesla. Das heißt, es ließen sich mit dieser Verbindung eines Tages möglicherweise supraleitende (mit flüssigem Helium gekühlte) Magneten herstellen, die zum Beispiel in Kernspinresonanzspektroskopie für eine enorme Steigerung der Auflösung sorgen könnten. Damit hat dieser oder ein ähnlicher Supraleiter schon heute das Potenzial, bestehende und lange bekannte Supraleiter in manchen Anwendungsgebieten abzulösen.

NdxCa1-xFeAsF
Inzwischen ist eine ganze Reihe weiterer Eisenarsenidsupraleiter bekannt, seit der Veröffentlichung der Supraleitung von LaFeAsO1-xFx überschlagen sich die Forschungsergebnisse geradezu. Beinahe täglich trägt die internationale wissenschaftliche Forschungsgemeinde zu neuen Erkenntnissen über die physikalischen Eigenschaften, den supraleitenden Mechanismus und neue, verwandte Supraleiter bei. Frei zugänglich können tagesaktuell wissenschaftliche Vorveröffentlichungen auf dem Preprint-Server der Cornell University Library (arXiv.org) eingesehen werden. Auch einführende, trivialwissenschaftlich gehaltene Artikel gibt es etliche, z. B. in der Neuen Zürcher Zeitung. Gemeinsam sind allen Verbindungen mit nennenswerten Sprungtemperaturen die oben erwähnten Eisenarsenid-Tetraederschichten. Seitens der Sprungtemperatur ist der momentane Rekordhalter ist die Verbindung NdxCa1-xFeAsF (links im Bild) mit 57.4 K, welche erstmals im Dezember 2008 synthetisiert wurde.
Sr2VO3FeAs
Aber auch kompliziertere Strukturen, wie das rechts abgebildete Sr2VO3FeAs mit einer Sprungtemperatur von 37.2 K sind von großem wissenschaftlichem Interesse. Sie zeigen nicht nur, dass es eine ungeheure Vielfalt bei den Eisenarsenidsupraleitern gibt, sondern geben auch Anlass zur Hoffnung, die Sprungtemperatur doch noch über die „magische Grenze“ von 77 K (Siedepunkt von flüssigem Stickstoff) zu steigern. Dies würde eine sehr viel preisgünstigere Kühlung dieser Supraleiter und damit eventuell breite Anwendung in Technik und Alltag ermöglichen, ein Erfolg, der den Cuprat-Supraleitern aufgrund ihrer ungünstigen Materialeigenschaften bislang verwehrt blieb.

Im Rahmen meiner Promotion beschäftigte ich mich mit der gezielten Synthese dieser Substanzen und auch mit deren Charakterisierung (siehe auch Seite „Publikationen“). Die Strukturen dieser Festkörper wurden dabei vor allem durch röntgenographische Methoden aufgeklärt (aus Einkristall- und Pulverdaten). Insbesondere interessierten mich aber auch deren magnetische und elektronische Eigenschaften – diese können unter anderem durch Messungen mit einem SQUID-Magnetometer, einem AC-Suszeptometer, Neutronenstreuung oder Vierpolmessungen über einen weiten Temperaturbereich charakterisiert werden. Außerdem führte ich theoretische Dichtefunktionaltheorie-Rechnungen mittels Wien2K, sowie dem STUTTGART TB-LMTO-Programm an diesen und ähnlichen Festkörperverbindungen durch, um physikalische und strukturelle Eigenschaften dieser Verbindungen theoretisch vorhersagen zu können und gegebenenfalls mit experimentellen Ergebnissen zu vergleichen.

Kristallstrukturen aus Einkristall- und Pulverdaten im .CIF-Format können auf der Seite „Strukturen“ heruntergeladen werden. Weitere Informationen über meine Forschung gebe ich gerne auf Anfrage per E-Mail. Auch allgemeine Fragen zur Chemie beantworte ich gerne, falls ich Zeit dazu habe. Meine Interessensgebiete sind dabei vor allem Kristallstrukturaufklärung anorganischer Verbindungen vor allem mit Pulvermethoden, z. B. durch Rietveldverfeinerungen. Auch bei technischen Fragen zum Thema Kristallographie oder Dichtefunktionaltheorie unter MacOS X helfe ich gerne weiter.